Auf dem Weg zum Schwarzgurt

Als mir mein Lehrer gestern meinen Schwarzgurt in der koreanischen Tempelkampfkunst Sunmudo (Zen-Kampfkunst-Weg) überreichte, war es Zeit, einen Blick auf den Weg zu werfen, den ich gegangen bin.

Do - Wege von Zen-Kampfkunst, Yoga, Meditation

Mein Kampfkunstweg begann vor vielen Jahren mit Karate. Karate machte mir die vielfältigen Beziehungen zwischen Körper und Geist und die Bedeutung von Erwartungen bewusst. Es brachte mir den Wert und das Denken hinter Kampfkunstetikette bei, die Weisheit dieser traditionellen Lehrsysteme und die Demut, wie lang der Weg ist und dass man auch mit einem Schwarzgurt noch ganz am Anfang steht.

Als ich mit Yoga begann, konzentrierte ich mich zunächst auf Ansteuerung und perfekte Ausführung. Ich strebte danach, es richtig zu machen und mich im Yoga immer mehr körperlich zu verbessern. Nebeneffekte: Ich strapazierte meine Streckerkette und Iliosakralgelenke. Mein Lehrer in der Zen-Kampfkunst Sunmudo hörte nicht auf mir zu sagen: „relax, relax, relax.“

Erst nach mehreren Jahren lernte ich, die tiefere Essenz von Yoga – Atem, Wahrnehmen, den Geist zur Ruhe bringen, im Hier und Jetzt Sein – in die Bewegungskunst zu integrieren. Erst da begann sich die Beziehung zu meinem Körper zu verändern: Ich hörte auf, Zen-Yoga als eine Dehnungs- und Leistungsverbesserungsübung zu betrachten. Ich hörte auf, im Hatha Yoga immer mehr zu wollen. Ich tauchte ein in den Atem, folgte ihm durch die Positionen und Übergänge, übte mich im Loslassen, im Wach-Sein, im Gewahrsein. Ich bemerkte die Auswirkungen, welche die Übungen und ihre verschiedenen Energien auf mein System haben. Ich begann, bewusst den Atem auch außerhalb der Matte wahrzunehmen.

Ist dem so?

Zu Beginn kämpfte ich sehr mit dieser Frage, was Yoga, Sunmudo und Zen-Meditation nun seien. Ich verglich, neigte zu schnellen Schlussfolgerungen, urteilte, mochte oder lehnte ab, hielt an meinen Konzepten fest. Doch im Laufe der Jahre habe ich viele alte Vorstellungen revidiert und mit Urteilen wurde ich vorsichtiger. Die Fragen: Was ist Yoga?, was ist Sunmudo?, was ist Meditation? sind nun ständige Begleiter.

Denn das beinhaltet der Weg: bewusst unsere Muster, Konzepte, Wünsche, Abneigungen, Widerstände, Täuschungen und Anhaftungen wahrzunehmen. Es sind Wege in die Freiheit – eine Art von Freiheit, die weit jenseits der gängigen Vorstellung, Freiheit sei, wenn ich tue, was ich will, erblüht.

Meditation, Kampfkunst, Yoga  – sie alle sind Wege, die sich über lange Zeiträume entfalten. Und sie sind Puzzles. Manchmal löst sich ein Stück sich hier und dort, doch mit jedem neuen Teilchen wird das Bild weiter und ständig ändern sich die Antworten. Satya, Wahrhaftigkeit im Yoga, steht auch dafür, dass die Wahrheit im Fluss ist.

Es ist mein Privileg, von großartigen Lehrern gelernt zu haben und weiterhin zu lernen, und ich bin ihnen allen dankbar für ihre Hingabe, ihr Engagement und dass sie nichts zurückhalten. Sie sind Leuchttürme auf meinem Weg. Als Yogalehrerin, Kampfkunstlehrerin und Meditationslehrerin ist es meine Aufgabe, diese Weisheit so gut ich kann weiterzutragen. Aber vor allem ist es meine Aufgabe, weiter selbst zu üben. Zen-Geist ist Anfänger-Geist.