In einem Artikel in Animal Flow’s Weekly Flowist ging es um die Elemente von meditativer Bewegung. Wer diesen Artikel liest, sieht zunächst mal eine Betonung auf „relaxation“ durch den Fokus auf den Atem.
Wann ist Bewegung meditativ?
Auf den Punkt möchte ich gerne näher eingehen. Entspannung könnten wir, physiologisch betrachtet, mit einem dominanten Parasympathikus beschreiben wollen, also jenem Teil des autonomen Nervensystems, der uns runterfährt. Vorwiegend parasympathische Wirkung finden wir in vielen Yoga-Stilen (Hatha-Yoga und ähnliche), wo wir mit langen, tiefen, sanften Atemzügen in Positionen gehen oder ruhig durch sie hindurchfließen. Das macht Yogaübungen unter anderem so wirkungsvoll für unser körperlich-geistiges Gleichgewicht und Wohlbefinden.
Was ist nun aber mit Bewegungssystemen, die neuromuskulär eher anregend wirken, also eher die Aktivierung von Nervensystem, Kreislauf und Muskulatur unterstützen? Dazu zählen Animal Flow, aber auch Kampfkunstübungen. Beschränkt sich in Sunmudo der Zen-Aspekt auf die ruhigeren QiGong-Übungen und das Zen-Yoga? Doch auch im Yoga gibt es aktivierende Übungen. Können diese per Definition nicht meditativ sein?
Das bringt uns zum zweiten Punkt. Was ist Meditation? Oder für die Zen-Kampfkunst Sunmudo: Was ist Zen?
Wir setzen Zen oft mit Zazen gleich – der Sitzmeditation. Findet das wahre erwachte Leben also nur auf dem Sitzkissen statt? Was ist dann Zen-Yoga oder Zen-Kampfkunst?
Die alten Zen-Meister saßen nicht alle. Linji schickte seine Schüler nicht auf das Sitzkissen. In den überlieferten Zen-Weisheiten (Koans) werden oft einfache Gesten, Schreie oder Worte benutzt, um den Schüler aufzuwecken. Zen lehrt, das Erwachen im Sinne eines Einblicks in die Wirklichkeit sei in jedem Augenblick möglich. Das heißt, auch in einem Augenblick, wo wir alles andere als neuromuskulär entspannt auf unserem Sitzkissen hocken. Wenn der Mönch vollkommen verwirrt und verstört von seinem Meister wegtaumelt, sein Ich ihm genommen, der Fuß frisch gebrochen, wie Zenmeisterin Doris Zölls in ihrem Buch „Mumonkan“ über das Koan 16 schreibt – dann ist sein Körper bestimmt nicht in einem Zustand tiefster Entspannung. Und trotzdem ist es für den Mönch ein Moment des Erwachens.
Aber meinen wir, wenn wir von „Erwachen“ sprechen, dasselbe wie „meditativ“?
Wenn wir bei Meditation bleiben – worauf bezieht sich dann der „relaxed state“ aus dem oben erwähnten Artikel? Was beinhaltet dies? Kann es sein, dass wir das oft zu eng sehen?
Geistesübung
Meditative Bewegung bezieht sich auf den Geist. Auf einen fokussierten und damit stillen Geist ohne Widerstände. Auch Kletterer, die mitten in einer schwierigen Route hängen, wo enorme Anspannungen in der Muskulatur auftreten, sprechen von Flowzuständen: an nichts anderes denken, das Eins-Sein mit dem Augenblick bei größtem Bewusstsein, ganz wach. Ganz wach und doch still, entspannt – ein Paradox? Was entspannt sich denn da – selbst wenn das Leben an einem winzigen Griff hängt?
In den Yogasutren begegnet uns ebenfalls ein Hinweis, welche Haltung wir einnehmen sollten: sthira sukham asanam. Fest und leicht. Stabil und entspannt. Das ist nicht nur körperlich zu verstehen. Yoga ist vor allem Geistestraining.
Sunmudo bezeichnet sich als meditative Kampfkunst, es trägt das „Zen“ sogar im Namen („Sun“ bedeutet „Zen“ auf koreanisch). Was ist hier die Übung? Was üben wir in Animal Flow, Yoga, Meditation?
Sunmudo-Großmeister Jeog Un-Seol schreibt:
„(…) at all times in our daily life, we are never to cease observing the essence and harmonization of thoughts and actions”. Gleichgültig ob laufend, stehend, sitzend, liegend, sprechend, schweigend, bewegend oder in Stille.